Die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich wird oft als Wunder bezeichnet, und das zu Recht. Nach Jahrzehnten der Feindseligkeit und kriegerischen Auseinandersetzungen war der Weg zur Annäherung steinig und der Ausgang mehr als ungewiss. Doch innerhalb weniger Jahre wurde das Unmögliche möglich: Die Feinde von gestern besiegelten eine ungewöhnliche Freundschaft, die den Weg für die europäische Integration ebnete. Im Ausland wird das deutsch-französische Experiment mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Interesse beobachtet. Insbesondere in Krisenregionen, die von Kriegen oder Konflikten geprägt sind, wird nicht selten die Frage gestellt, welche Lehren aus der Geschichte der deutsch-französischen Annäherung gezogen werden können. Je nach ihrer Situation halten einige die Rolle der Zivilgesellschaft fest, andere interessieren sich für die Städtepartnerschaften und wieder andere für die symbolischen Bilder, die diese Zusammenarbeit bis heute begleiten. In jedem Fall erscheint die deutsch-französische Erfahrung als eine Quelle der Inspiration.
Claire Demesmay ist Politikwissenschaftlerin und anerkannte Expertin für die deutsch-französischen Beziehungen. Sie lehrt derzeit als Professorin am Lehrstuhl Alfred Grosser an Sciences Po Paris und forscht parallel dazu am Centre Marc Bloch in Berlin. Ihre Veröffentlichungen befassen sich mit der Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland sowie mit der deutschen Europapolitik. Sie wurde zum Ritter des Ordre des Palmes Académiques ernannt und erhielt 2016 den Deutsch-Französischen Parlamentarierpreis. In diesem Vortrag geht Claire Demesmay auf diese einzigartige Erfahrung und die Art und Weise, wie sie im Ausland gesehen wird, ein, die Gegenstand eines Buches war, zu dem Wissenschaftler aus Europa, aber auch aus Afrika und Asien beigetragen haben: Franco-German Relations Seen from Abroad. Post-war Reconciliation in International Perspectives (mit Nicole Colin von der Universität Aix-Marseille).